Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V. (BdP)

Der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e.V. (BdP) ist ein bundesweit tätiger Träger der Jugendhilfe und Jugendverband und existiert seit 1976 durch Fusion zweier Vorläuferverbände. Die seit 2011 intern begonnene Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im BdP durch den Arbeitskreis „Schatten der Jugendbewegung“ und die Bildungsstätte Burg Ludwigstein wurde jetzt an das Münchner Institut für Praxisforschung und Projektberatung (IPP) als externes wissenschaftliches Institut übergeben. Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. beteiligt sich als Kooperationspartner des IPP an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im BdP. Das Projekt hat im Mai 2021 begonnen, Ergebnisse werden im Jahr 2023 veröffentlicht.
Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Essen von 1958 bis heute

Im Bistum Essen haben sich als Konsequenz aus der MHG-Studie verschiedene Projektgruppen zur Aufdeckung, Aufarbeitung und Prävention von sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt gegründet, die einen breiten Blick auf das Themenfeld ermöglichen. Zu den Vorhaben in diesem Zusammenhang gehört auch eine historische und systematische Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt im Bistum Essen vom Gründungsjahr 1958 bis heute. In dieser Studie stehen die Strukturen und Personen im Mittelpunkt, die sexualisierte Gewalt begünstigt oder deren Aufdeckung verhindert haben. Dazu werden auf der Grundlage von Aktenstudien Tiefenanalysen von ausgewählten Fällen sexualisierter Gewalt und Grenzverletzungen durch Kleriker oder andere Mitarbeiter*innen des Bistums Essen gegenüber Minderjährigen durchgeführt.
In der modulhaft aufgebauten Untersuchung steht die Perspektive der Betroffenen im Vordergrund. Durchgeführt werden multiperspektivische Fallanalysen, die in exemplarischer Weise Risikokonstellationen aufdecken und somit Einsichten in unterschiedliche Dynamiken gewähren, die sich um die Ausübung sexualisierter Gewalt innerhalb des Bistums Essen gruppierten und möglicherweise noch gruppieren.
Jungen*pädagogik und Prävention von sexualisierter Gewalt
Das Praxis-Forschungsprojekt JupP zielt auf eine verbesserte Prävention von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, die sich als männlich verstehen. Hierfür werden präventionsbezogene Aspekte in den pädagogischen Angebote der vier Praxisfelder Jungenarbeit, Sexualpädagogik, Präventionsarbeit zu sexualisierter Gewalt sowie queerer Bildung in einem gemeinsamen Reflexionsprozess herausgearbeitet und weiter entwickelt.
In den vier Praxisfeldern sind bereits verschiedene pädagogische Aspekte (Zugänge, Methoden und/oder Praxen) vorhanden, die z.B. das Potential in sich tragen, männliche Kinder und Jugendlichedazu zu befähigen, Gewaltwiderfahrnisse als solche einzuordnen, von Männlichkeitsanforderungen zu entlasten, die eine Auseinandersetzung mit Gewaltwiderfahrnissen erschweren, in ihrer Selbstbestimmung in Bezug auf ihren Körper oder auf ihr sexuelles Selbstverständnis und Begehren zu stärken, dazu anzuregen, in Auseinandersetzung mit den eigenen Wünschen und Bedürfnissen zu treten.
Die Potenziale und Herausforderungen der vier Praxisfelder werden in Praxis-Forschungsprozess herausgearbeitet um pädagogische Praxis betroffenensensibel weiter zu entwickeln. Ziel ist die Prävention von sexualisierter Gewalt zu verbessern und (potentiell) Betroffenen besser zu schützen.
Culture of Care - Creating and Strengthening a Supportive Environment for Male Victims of Sexualized Violence

Culture of Care - Schaffung und Stärkung eines unterstützenden Umfelds für männliche Betroffene von sexualisierter Gewalt
Ziel des Projektes war die EU weite Verbesserung der Unterstützung von männlichen Betroffenen sexualisierter Gewalt durch Fortbildung und Training potentieller Erstansprechpartner_innen, die mit Jungen und männlichen Jugendlichen in Kontakt sind.
Hierfür wurden gemeinsam mit Partnerorganisationen aus Spanien, Österreich, Italien und Bulgarien Praxisprogamme entwickelt, die Pädagog_innen in Institutionen wie Schulen oder Einrichtungen der Jugendhilfe im verbesserten Umgang mit (potentiell) Betroffenen schulten. Durch eine Öffentlichkeitskampagne wurden vor allem Jungen und männliche Jugendliche aber auch deren Umfeld für das Thema sensibilisiert werden.
Alternative Future – Ein geschlechtersensibles und kindzentriertes Programm für Pädagog_innen zur Stärkung von gewaltbetroffenen Kindern und Jugendlichen in betreuten Wohnformen

Dieses EU-Projekt diente der Weiterentwicklung von betreuten Wohnformen für Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren. Auf Basis einer Bedarfsanalyse wurden Fachkräfte der stationären Kinder- und Jugendliche durch ein Praxisentwicklungsprogramm darin gestärkt, gewaltbetroffene Kinder und Jugendliche besser zu unterstützen und dafür spezifische Maßnahmen durchzuführen. Erfolgreiche Strategien und Maßnahmen wurden am Ende veröffentlicht und durch Seminare sowie eine Abschlusskonferenz verbreitet.
Mitarbeiter_innen: Thomas Viola Rieske, Tanja Abou, Bernard Könnecke
Aufdeckung und Prävention von sexualisierter Gewalt gegen männliche Kinder und Jugendliche

Dieses Forschungs- und Praxisentwicklungsprojekt ging der Frage nach, was männlichen Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend dabei hilft, diese aufzudecken. In der Forschungsphase wurden erwachsene männliche Betroffene und von diesen als hilfreich genannte Beteiligte sowie an Aufdeckungsprozessen beteiligte Fachkräfte interviewt. Auf dieser Basis wurden Fortbildungsmodule entwickelt und getestet.
Evaluation of European Perpetrator Programs („IMPACT“)

Für Politik und Praxis ist die Evaluierung von Täterarbeits-Programme im Bereich der Gewalt in Partnerschaften ein wichtiges Anliegen, um die Sicherheit von Frauen und Kindern zu erhöhen. Allerdings ist der Wissensstand zu Evaluation in der Täterarbeit in Europa als niedrig einzuschätzen. Das Daphne-III-Projekt „Evaluation of European Perpetrator Programmes“ hat diese Wissenslücke gefüllt und einen Beitrag zur Harmonisierung der Ergebnisbewertung in der Täterarbeit geleistet.
Im Rahmen des Daphne III Projekts wurden mit 8 europäischen Partnern folgende Ergebnisse produziert:
- Ein Evaluations-Werkzeugkasten, Instrumente zur Erhebung einer Veränderung von gewalttätigem Verhalten durch Teilnahme an Täterarbeitsprogrammen
- Ein Manual mit Anleitungen zum Einsatz und Gebrauch der Instrumente
- Artikel über die Projektergebnisse
Mitarbeit: Dr. Ralf Puchert, Dr. Katarzyna Wojnicka, David Nax
Lebenssituation und Belastung von Männern mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland

Die Studie erforschte die Lebenssituation und Belastungen von Männern mit Beeinträchtigungen, Behinderungen und chronischen Erkrankungen in Privathaushalten in Deutschland, insbesondere in Bezug auf Gewalt und Diskriminierung. Sie stellte damit parallel zum Teil "Haushaltsbefragung" der Studie "Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen in Deutschland" entsprechende Daten für Männer zur Verfügung und verglich sie da wo möglich.
Im Abschlussbericht wurden die Daten über die Lebenssituation von Männern mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Haushalten den Daten der Durchschnittsbevölkerung aus der Pilotstudie "Gewalt gegen Männer" (s.u.) und der repräsentativen Befragung „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ gegenüber gestellt.
Projektmitarbeitende: Ludger Jungnitz, Dr. Ralf Puchert
STAMINA – Formation of non-violent behaviour in school and leisure time among youths from violent families

Das international angelegte Forschungsprojekt STAMINA befasste sich mit der Frage der Formung nicht-gewalttätigen Verhaltens von Jugendlichen in Peergruppe und Schule, die aus gewaltvollen Elternhäusern kommen.
Dieses Projekt war Teil des Daphne III Programms zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen der Europäischen Kommission und wurde finanziell durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt.
Die Abschlusskonferenz von STAMINA „Violence resilience of youths despite adversities and risks“ fand am 17. Februar 2011 in Berlin statt.
Mitarbeiter_innen: Mart Busche, Dr. Ralf Puchert
Feasibility study to assess the possibilities, opportunities and needs to standardise national legislation on violence against women, violence against children and sexual orientation violence

Um die Europäische Kommission bei der Entwicklung einer kohärenteren und längerfristigen Politik zu unterstutzen, wurde eine Literaturübersicht zum derzeitigen Wissensstand über die im Zusammenhang mit Gewaltausübung stehenden Faktoren angefertigt. Dies sollte ein vertieftes Verständnis der Phänomene ermöglichen, damit in voller Kenntnis der Komplexität des Problems eine Erweiterung der Rechtsvorschriften zu Gewalt gegen Frauen, Gewalt gegen Kinder und Gewalt wegen sexueller Orientierung erwogen werden kann.
Hierzu wurde ein wissenschaftlich fundierter Überblick über den aktuellen Forschungsstand der Faktoren oder Bedingungen, die bei Gewalt gegen Frauen und/oder Gewalt gegen Kinder eine Rolle spielen, erstellt. Im Abschlussbericht der Machbarkeitsstudie konnte nur eine knappe und verdichtete Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse aufgenommen werden. Der vorliegende vollständige Überblick dient dazu, die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse transparent darzustellen und nachvollziehbar zu machen, wie daraus ein Multiebenen-Modell entwickelt wurde. Zur Sichtung der Wissensbasis gehörte ebenfalls das Aufzeigen von Forschungslücken und methodischen Mängeln.
Mitarbeitende: Mart Busche, Dr. Ralf Puchert
WWP – Work with Perpetrators of Domestic Violence in Europe

Im Rahmen des Projekts Daphne II „Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt (WWP – Work with Perpetrators of Domestic Violence)“ wurden verschiedene Ressourcen für Fachleute, Wissenschaftler_innen und Entscheidungsträger_innen, die im Bereich der Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt tätig sind, ausgearbeitet. Die Zielsetzung war, eine Basis für den Austausch über gute Praxis und hohe Qualitätsstandards in der Arbeit mit männlichen Tätern häuslicher Gewalt in Europa zu schaffen, insbesondere im Hinblick auf den Schutz und die Sicherheit der Opfer von häuslicher Gewalt.
Mitarbeiter_innen: Dr. Ralf Puchert, Ludger Jungnitz, Stefan Beckmann
Coordination Action on Human Rights Violations

Das Forschungsnetz 'Coordination Action on Human Rights Violations' (CAHRV) unter der Leitung von Prof. Carol Hagemann-White (Universität Osnabrück) war eine Kooperation von Forschungsinstituten, politischen Netzwerken und einzelnen Forscher_innen und widmete sich Menschenrechtsverletzungen im Kontext von interpersonalen Beziehungen. Hauptziele des Projektes waren der Austausch und die Integrierung paralleler Forschungsdiskurse, die Anregung neuer interdisziplinärer und transnationaler Forschungsprojekte, die Unterstützung von Praxis, Politik und Wissenschaft durch Förderung des Austausches und der Verbreitung der Forschungsergebnisse. Es liegen Zwischenberichte und verschiedene Veröffentlichungen vor.
Projektmitarbeitende: Dr. Ralf Puchert
Pilotstudie „Gewalt gegen Männer“

Die Pilotstudie „Gewalt gegen Männer“ war die erste Studie zur gesamten Bandbreite der personalen Gewalt gegen Männer in Deutschland. Sie eröffnete Forschungszugänge zu diesem Thema, diskutierte die Thematik differenziert und erbrachte erste Zahlen über die Gewalterfahrungen von Männern im häuslichen wie im außerhäuslichen Bereich durch die Befragung von in Deutschland lebenden Männern. Mithilfe qualitativer Interviews wurde ein Instrument mit verschiedenen Fragebogenteilen für eine repräsentative Studie zum Ausmaß und zur Relevanz von Gewalt gegen Männer entwickelt und erprobt.
Mitarbeiter_innen: Dr. Ralf Puchert, Ludger Jungnitz
CarMiA - Caring Masculinities in Action. Förderung von gewaltfreien Männlichkeiten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Das Projekt „CarMiA - Caring Masculinities in Action“ zielt darauf junge Menschen zu fördern nicht-gewalttätiges Handeln positiv in ihren Alltag und ihre Identität integrieren. Es fragt danach, inwiefern fürsorgliche Praktiken gegenüber sich selbst und anderen positive praktische Effekte zur Reduktion von gewalttätigem Handeln von Jungen* und Männern* zeitigen können. Gleichzeitig soll ein Beitrag geleistet werden gängige, gewalttätiges Handeln begünstigende Männlichkeitskonstruktionen zu verändern und dadurch geschlechtsbezogene Gewalt (GBV) zu reduzieren. Gemeinsam mit europäischen Partnern werden Fortbildungen für Fachkräfte, Trainings für Jugendliche und pädagogische Materialien entwickelt sowie Jugendliche bei Peer-to-peer-Trainings begleitet.
Projektmitarbeiter*innen: Bernard Könnecke, Till Dahlmüller
Laufzeit: 01.03.2022 - 29.02.2024
Gefördert durch die Europäische Kommission, DG Justice and Consumers, Programm "Citizens, Equality, Rights and Values" (CERV)