Wissenschaftliche Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der verbandlichen Jugendarbeit des Ev. Kirchenkreises Bielefeld – im spezifischen der Nachbarschaft 06 in der Ev. Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde

Der Evangelische Kirchenkreis Bielefeld hat sich zur Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt entschieden, die im Zeitraum von etwa 2000 bis 2021 in der verbandlichen Jugendarbeit des Kirchenkreises – im spezifischen der Nachbarschaft 06 in der Ev. Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde – ausgeübt wurde. Als unabhängiges Institut übernehmen wir, Dissens – Institut für Bildung und Forschung, den wissenschaftlichen Teil der Aufarbeitung.

Ziel der Studie ist die wissenschaftliche Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt gegen nicht volljährige Personen im Rahmen der verbandlichen Jugendarbeit des Ev. Kirchenkreises Bielefeld – im spezifischen der Nachbarschaft 06 in der DBG. Der Fokus liegt auf dem Zeitraum 2000-2021, Taten davor oder danach werden auch berücksichtigt. Es wird rekonstruiert, was geschehen ist, wie es dazu kommen konnte, welche Bedingungen und Faktoren die sexualisierte Gewalt ermöglicht oder nicht ausreichend verhindert haben, was die Auswirkungen der sexualisierten Gewalt waren, wie auf Ebene der Verantwortlichen mit den Vorkommnissen umgegangen wurde und welche Dynamiken auch hier – im Hinblick auf die Begünstigung und Verhinderung, aber auch die Unterstützung von Betroffenen und die Aufarbeitung – vorhanden waren. Ziel ist es, das Unrecht, das Betroffenen in der DBG widerfahren ist, zu dokumentieren und anzuerkennen. 

Daten: Das methodische Vorgehen besteht in der Durchführung problemzentrierter, leitfadengestützter Interviews. Im Mittelpunkt stehen die Erfahrungen und Perspektiven von Betroffenen. Daneben werden auch nicht-betroffene Zeitzeug*innen befragt, die zur Beantwortung der Forschungsfragen beitragen können, ebenso wie Vertreter*innen der Institution und Expert*innen interviewt werden. Als weitere Informationsquelle werden Akten, Dokumente und Medienberichte ausgewertet. 

Analyseebenen: Die Analyse fokussiert drei Ebenen. Erstens die Ebene der Betroffenen, auf der die subjektiven Erfahrungen und die Folgen, die die sexualisierte Gewalt für die Betroffenen hat(te), rekonstruiert werden. Außerdem wird erfasst, welche Versuche der Hilfesuche unternommen wurden, inwiefern diese erfolgreich waren oder nicht, und aus welchen Gründen, und wie der Umgang der Institutionenvertreter*innen mit der Gewalt empfunden wurde. Als zweite Ebene wird auf der Ebene der Institution rekonstruiert, welche Strukturen die sexualisierte Gewalt ermöglichten und welche institutionellen Dynamiken, Kulturen und ideologischen Elemente (z.B. religiöse) dazu beitrugen und eine Aufdeckung erschwert haben. Auf der dritten Ebene wird analysiert, welche gesellschaftlichen Entwicklungen die Gewalt oder auch ein Sprechen über die Gewalt und ihre Folgen begünstigten oder erschwerten. Insgesamt wird ein systemischer Blick auf die verbandliche Jugendarbeit des Ev. Kirchenkreises – im spezifischen der Nachbarschaft 06 in der DBG – eingenommen. Wir versuchen gezielt zu verstehen, wie eben dieses gesamte System dazu beigetragen hat sexualisierte Gewalt zu ermöglichen und wie diese in Zukunft verhindert werden kann. 

Begleitgruppe: Die Studie wird durch eine Begleitgruppe begleitet, an der sowohl Vertreter*innen der Kirche, Betroffene und Kolleg*innen aus der Wissenschaft und andere Expert*innen zum Thema sexualisierte Gewalt in evangelischen Kontexten beteiligt sein werden. Die Begleitgruppe unterstützt die Studie, indem der aktuelle Stand, Probleme (z.B. bei der Datenerhebung) und Fragestellungen besprochen und diskutiert werden.

Betroffenenbeteiligung: Wir geben Betroffenen in unseren Studien die Möglichkeit sich zu beteiligen. Das Maß der Beteiligung richtet sich nach den Kapazitäten und Möglichkeiten der Betroffenen.

 

 

Das Projekt wird von Dr. Johanna Hess und Malte Täubrich durchgeführt. 

Kontakt

johanna.hess@dissens.de

malte.taeubrich@dissens.de

Das Gender-Sternchen (*) dient als Verweis auf den Konstruktionscharakter von "Geschlecht". Wenn das Sternchen hinter einer Personenbezeichnung (z.B. Jungen*) steht verdeutlicht es, dass hier explizit alle Menschen gemeint sind, die sich mit dieser Bezeichnung identifizieren, durch sie definiert werden und/oder sich sichtbar gemacht sehen. Dadurch wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass sich unter der Bezeichnung verschiedene, vielfältige Positionierungen sammeln können. Gleichzeitig dient das Sternchen als Platzhalter um Raum für verschiedene geschlechtliche (und sexuelle) Verortungen zu lassen.